Qualifizierungsprogramm
Einführung
Das Qualifizierungsprogramm ist charakterisiert durch Interdisziplinarität und internationalen Austausch sowie ausgelegt auf klinischen Bezug zur Primärversorgung. Im Bereich der Allgemeinmedizin ist die interdisziplinäre Forschung wichtig, da Hausärztinnen und Hausärzte insbesondere mit der Zunahme von Multimorbidität und psychischen (Ko-)Erkrankungen konfrontiert sind.
Es bedarf also eines maßgeschneiderten, interdisziplinären Qualifizierungsprogramms, das Beiträge aus der Allgemeinmedizin mit notwendigen Kenntnissen zur Durchführung von Forschungsarbeiten und Aspekten zum Umgang mit psychischen Erkrankungen – insbesondere zur Depression als häufigster Diagnose – umfasst.
Kontakt
POKAL-Kolleg
LMU Klinikum – Institut für Allgemeinmedizin – Campus Innenstadt – Prof. Dr. Jochen Gensichen | Dr. Kirsten Lochbühler
80336 München
In einem Zeitraum von drei Jahren kann einer von zwei verschiedenen akademischen Abschlüssen erzielt werden.
Qualifizierung für
Ärzt:innen in Weiterbildung
Dr. med.
Als zentrales Element ist das POKAL-Kolleg bestrebt, frühzeitig Doktorand:innen in die allgemeinmedizinische Forschung, Lehre und Qualifizierungsmaßnahmen zu integrieren. Ihnen soll hier eine Perspektive als „forschende AllgemeinmedizinerIn“ (Clinician Scientist) aufgezeigt werden.
Im Unterschied zu Studierenden können sie, da klinisch tätig, die Lücke zwischen wissenschaftlichen Grundlagen und klinisch-praktischer Arbeit im gesamten Forschungsprozess reflektieren. Die gemeinsame Ausbildung von Wissenschaftler:innen und Allgemeinmediziner:innen in Weiterbildung stärkt den interdisziplinären Austausch vor allem über die allgemeinmedizinischen Bedarfe und die Translation von Ergebnissen in die hausärztliche Praxis.
Ärzt:innen in Weiterbildung zur Allgemeinmediziner:in werden hier erstmals in ein Graduiertenkolleg integriert, um wissenschaftliche Karrieren auch in der Phase der Weiterbildung zur Fachärzt*in ermöglichen zu können und so den akademischen Nachwuchs für das Fach Allgemeinmedizin zu sichern. Dies ist Teil des Führungskräfteprogramms Hausarzt 360°.
Innerhalb von 3 Jahren schließen sie bei phasenweiser paralleler klinischer Tätigkeit mit dem Dr. med. ab. Für sie sind während der klinischen Weiterbildungsphase am Klinikum der Universität München über 2,5 Jahre 20 % Forschungszeiten und über 6 Monate 100 % Forschungszeiten vorgesehen.
Dabei nehmen die Dr.-med.-Graduierten ebenfalls an den einmal im Monat stattfindenden Kollegtagen teil. Damit ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der Ärzt:innen und anderen Teilnehmer:innen auch an den Kollegtagen regelmäßig über die drei Jahre gewährleistet.
- Psychische Gesundheit in der Primärversorgung
- Entwickeln relevanter Forschungsfragen
- Identifikation klinischer Bedarfe
- Entwickeln wissenschaftlicher Hypothesen und Auswahl adäquater Forschungsstrategien
- Befolgen von Standards zur guten wissenschaftlichen Praxis und Beachten der ethischen Aspekte in der Forschung
- Durchführung von Studien innerhalb der klinischen Primärversorgung
- Unabhängige Interpretation von Studiendaten
Schlüsselqualifikationen:
- Wissenschaftliches Publizieren (Präsentation, Publikationen)
- Kommunikation und Dissemination an Akteure der Gesundheitsversorgung
Qualifizierung für
Wissenschaftler:innen
(Ph.D. oder Dr. phil.)
Für den Ph.D. sind insgesamt 180 ECTS Punkte für Projektarbeiten und Fortbildung vorgesehen. Das Programm umfasst 7 Module mit Seminaren, Vorlesungen und Retreat.
Zoom per Klick
Wissenschaftliche Grundlagen psychischer Erkrankungen und Chronic Care in der Primärversorgung (7 ETCS)
„Grundlagen psychischer Erkrankungen“ (1 ETCS): Die initiale Seminarserie führt die DoktorandInnen aus den unterschiedlichen Disziplinen in die primärmedizinischen Behandlungsstrukturen der häufigen psychischen Erkrankungen ein – insbesondere zur Depression. Die Seminare werden von den PIs und Seniorwissenschaftler*innen angeboten.
„Instrumente des Chronic Care Modells in Forschung und Praxis“ (2 ETCS): Die Seminarserie vermittelt Grundlagen und praktische Anwendungen von Instrumenten: Zum Selbstmanagement der Patient*innen, zur Koordination in der Versorgung, zu Entscheidungshilfen für Ärzt*innen, IT und Daten zur klinischen Steuerung.
„Orientierungs- und Methodenkurse“ (2 ECTS): Ziel ist es, notwendiges Grundwissen und Bewusstsein für allgemeine wissenschaftliche Fragen in der Initialphase des praktischen Forschungsprojekts zu vermitteln. Eine Seminarreihe führt in gute wissenschaftliche Praxis, Ethik, und Datenschutz ein. Seminare, begleitet von praktischen Übungen, führen auch in die projektspezifischen Methoden ein, u.a. der Evidenzsynthese, der empirischen Sozialforschung, der Psychometrie sowie der klinischen Epidemiologie.
„Daten- und Informationsmanagement“ (1 ECTS): Die Seminarserie vermittelt Grundlagen zur IT-Investitionsplanung, zur Nutzung und Evaluation, z.B. von eHealthApps für wissenschaftliche Studien, sowie zu modernen Analysewerkzeugen wie dem Visual Analytics.
Forschungsprojekt (140 ETCS) und Disputation (10 ECTS)
Durch die Arbeit an ihrem Forschungsprojekt werden die DoktorandInnen zu methodisch versierten Expert*innen im jeweiligen Themenfeld ausgebildet. Die Themen haben das Potenzial, neue Faktoren der primärmedizinischen Depressionsversorgung zu identifizieren und bieten Grundlagen für neue Diagnose- und Behandlungsansätze. Die erforderliche Infrastruktur wird von den teilnehmenden Einrichtungen bereitgestellt. Die Doktorand*innen werden von den PIs und von wissenschaftlich ausgewiesenen, in der Promotionsbegleitung erfahrenen Seniorwissenschaftler*innen der Projekte betreut. Am Ende erstellen die Doktorand*innen eine schriftliche Abschlussarbeit (Dissertation) und stellen sich im Rahmen des Abschlusses ihres Promotionsverfahrens einer Disputation (Projektvorstellung und mündliche Prüfung).
Vorlesung und „Kamingespräch“ zu „Mental Health in Primary Care“ (3 ECTS)
Diese Vorlesung ist speziell auf die Bedürfnisse des POKAL-Forschungsprogramms zugeschnitten. Monatliche Vorträge und Fachgespräche werden von erfahrenen WissenschaftlerInnen und EntscheidungsträgerInnen von nationalen und internationalen Universitäten, Forschungszentren, Gesundheitsbehörden oder klinischen Zentren gehalten. Dieses Modul informiert über internationale Trends zu allgemeinmedizinisch relevanten psychischen Erkrankungen und dient dem Aufbau und Erweitern eines wissenschaftlichen Netzwerks. In anschließenden „Kamingesprächen“ können projektspezifische Inhalte erörtert und persönliche Kontakte zu Wissenschaftler*innen und potentiellen Arbeitgeber*innen geknüpft werden.
Status quo Seminar, Journal Club und Arbeitsgruppen (3 ECTS)
„Status-quo-Seminare“ (1 ECTS): Nach einem Kick-off-Meeting, in dem u.a. die Modi der Zusammenarbeit abgestimmt werden, tauschen sich die Doktorand*innen regelmäßig über ihren Projektfortgang und Zwischenergebnisse aus.
„Journal Clubs“ (1 ECTS): In diesen Seminaren präsentieren die Doktorand*innen aktuelle internationale Publikationen und evaluieren die wissenschaftliche Qualität bzw. die Relevanz für die Primärversorgung.
Die projektübergreifenden „Arbeitsgruppen“ (1 ECTS): AG „Diagnostik“ (A. Schneider) und AG „Behandlung“ (J. Gensichen) dienen der interdisziplinären Konsentierung von Forschungsinstrumenten und der Fortentwicklung der Forschungsschwerpunkte. Doktorand*innen und PIs planen transferierbare Ergebnisse, assoziierte Projekte und gemeinsame Forschungsanträge.
Klinische Fallkonferenz, Hospitationen und Exkursionen (4 ETCS)
„Klinische Fallkonferenz“ (2 ETCS): In der Veranstaltungsreihe zu interdisziplinären Fallanalysen zu Patient*innen mit psychosozialen Erkrankungen und allgemeinmedizinischer Relevanz werden von unseren klinischen PIs und AssistentInnen hier Kasuistiken und ggf. Patient*innen vorgestellt.
„Hospitationen und Exkursionen“ (2 ETCS): Hospitationen in anderen POKAL-Projektgruppen, oder in Behörden, Institutionen und klinischen Zentren des Gesundheitswesens oder in Hausarztpraxen sowie Exkursionen zu innovativen Ansätzen für die Versorgung von Patient*innen mit psychischen Erkrankungen können die Relevanz der eigenen wissenschaftlichen Arbeiten in anderen („realen“) Kontexten schärfen.
Kommunikation und Karriereentwicklung (5 ECTS)
„Soft Skills“-Kurse vermitteln Kompetenzen zum wissenschaftlichen Publizieren, zur Antragstellung von Forschungsförderung sowie zu Projekt- und Personalmanagement und Präsentationtechniken (1 ETCS). Praktische Kurse zur zielgruppenspezifischen Kommunikation von wissenschaftlichen Ergebnissen z.B. an Patient*innen, Hausärzt*innen und weiteren Akteuren im Gesundheitswesen werden organisiert (1 ETCS). Zudem werden Kurse zur umfassenden Berufsplanung (u.a. „Beruf und Familie“), Identifikation von künftigen Arbeitsfeldern und Bewerbungstrainings im akademischen und nichtakademischen Bereich angeboten (1 ETCS). Ebenso können die Doktorand*innen weitere „Transferable Skill“-Kurse rund um Wissenschaftliches Schreiben, Presentation skills, Zeit-Management, Bewerbungstrainings usw. besuchen (2 ETCS).
Wissenschaftliche Profilierung (8 ECTS)
Persönliche Status- und Mentoringgespräche: Jede/r Doktorand/in legt im Verlauf des ersten Jahres in einer Zielvereinbarung einen detaillierten Projektplan und einen Karriereplan vor. Der Projektfortschritt wird in mindestens zwei individuellen Mentoringtreffen mit den Mitgliedern der Betreuungskommission auf Grundlage eines schriftlichen Entwicklungsberichts begleitet. Dabei werden auch der Kenntnisstand und die Entwicklungsperspektiven der Doktorand*innen überprüft (ohne ECTS, da immanent).
Jährliche Forschungsretreats (3 x 2 = 6 ECTS): Die Arbeiten der Doktorand*innen innerhalb eines Jahres werden in jährlichen Forschungsretreats (2 Tage) präsentiert, wo auch eingeladene Fakultätsmitglieder, nationale und internationale Gastwissenschaftler*innen vortragen. Der umfassende Ansatz der Retreats wird durch „State of the Art“-Workshops und “Kamingespräche” betont. So werden die persönlichen Beiträge (Projektpräsentationen) der Doktoranden durch klinische und wissenschaftliche Expertise ergänzt.
Internationaler Austausch (1 ETCS): Doktorand*innen werden zu Veranstaltungen der kooperierenden internationalen Graduiertenkollegs „Netherlands School of Public Health and Care Research / Netherlands School of Primary Care Research CaRe“ (Chris van Weel) und solchen des US – „Primary Care Psychiatry/Behavioral Health Integration Fellowship“ (Jürgen Unützer) eingeladen, um ihre Ergebnisse mit Kolleg*innen eines ähnlichen Qualifikationsniveaus im internationalen Kontext zu diskutieren.
Nationale/internationale wissenschaftliche Konferenzen (1 ECTS): Die Doktorand*innen präsentieren ihre Ergebnisse auf Konferenzen der Fachgesellschaften.
Eine typische Arbeitsstruktur für die Doktorand*innen, die im Kick-off-Meeting mit ihnen abgestimmt werden soll, bieten „Kollegtage“ als zentrale Austauschplattform.